Murray N. Rothbard: Prophet und Wegbereiter des Rechtspopulismus? (Bildmontage: Pluriversum)

Übertragung aus dem Englischen: Dr. Peter Malborn (Technischer Hinweis: Ergänzungen des Übersetzers stehen in eckigen Klammern.)

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Vorbemerkungen des Pluriversum-Verantwortlichen Michael Dangel:

Die Linke, also die Sozialisten in all ihren vermeintlich “liberalen” bis hin zu ihren totalitären internationalsozialistischen Ausprägungen, ist hell entsetzt über den Siegeszug “der Libertären”. Wie kann es nur zu diesen marktradikalen Siegeszügen von staatlichen Delegetimisten wie Javier Milei in Argentinien, aber auch der vermeintlich “rechten” Hand von Donald Trump in Gestalt von Elon Musk, dem reichsten Mann der Welt, kommen?

Jahrzehntelang ist es der Linken gelungen, mit dem Hohelied auf Staatsvergottung und bürokratische Machbarkeitsutopien die kleine Schar der Vertreter der Österreichischen Schule der Nationalökonomie zu marginalisieren. Keynes hat dabei fast alle Staaten nach dem Zweiten Weltkrieg mit seiner Utopie ökonomischer Stabilität, ja sogar nachhaltigen Wachstums durch staatliche Stimuliprogramme und notorischem bürokratischen Interventionismus jahrzehntelang eingelullt. Nach der Weltfinanzkrise 2007ff schien auch der Angriff der Neoliberalen seit den 80er-Jahren des letzten Jahrhunderts, insonderheit die Anhänger des Monetarismus nach Milton Friedman, abgewehrt. Und nun das! Denn auf den libertären Impuls setzen sich nun Rechtspopulisten auf und treiben weltweit ihre ‘konterrevolutionäre’ antisozialistische Agenda voran.

Wie konnte es nur dazu kommen? Das Quellenstudium der Jünger des Sozialismus ist schließlich bei Murray N. Rothbard, dem uneingeschränkten Godfather des Anarchokapitalismus angelangt. In seinem im Januar 1992 im Rothbard-Rockwell-Report (RRR) erschienenen Beitrag “Right-Wing-Populism: A Strategy for the Paleo Movement” sehen die Freunde des bürokratischen Dirigismus und des therapeutischen Staates die Blaupause für die “Machtergreifung” der Marktradikalen und/oder Rechtspopulisten. Jeder Interessierte kann sich nun mit der Lektüre dieses Quellentextes ein Bild darüber machen, ob dem tatsächlich so ist.

Mein besonderer Dank gilt meinem guten Freund Dr. Peter Malborn, promovierter Sprachwissenschaftler und Volkwirt, der den schwer verständlichen Quellentext ins Deutsche übertragen hat.

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Nun, endlich haben sie David Duke erwischt [US-am. Rechtspolitiker, ex-Ku-Klux-Klan-Mitglied und Verschwörungstheoretiker in und aus Louisiana]. Aber er hat ihnen ganz schön Angst eingejagt. Es bedurfte einer massiven Kampagne der Hysterie, der Angst und des Hasses, orchestriert von allen Flügeln der herrschenden Elite, von der offiziellen Rechten bis zur Linken, von Präsident Bush und der offiziellen Republikanischen Partei über die von New York und Washington kontrollierten nationalen Medien über die lokalen Eliten bis hin zu lokalen linken Aktivisten. Es bedurfte einer massiven Angstkampagne, die nicht nur die alten Schreckgespenster des Ku-Klux-Klans und Hitlers heraufbeschwor, sondern auch, ganz konkret, eine virtuelle Drohung, Louisiana zu boykottieren, Touristen fernzuhalten, Kongresse und Veranstaltungen zu verlegen und Arbeitsplätze abzubauen, indem Unternehmen den Staat verlassen.

Es bedurfte einer Verleumdungskampagne, die die Aufrichtigkeit von Dukes Bekehrung zum Christentum in Frage stellte und ihn sogar aufforderte, offiziell bekannt zu geben, in welcher Kirche er Mitglied ist. Sogar mein alter Freund Doug Bandow [politischer Schreiber und Thinktank-Mitarbeiter] beteiligte sich an dieser Verschwörung im Wall Street Journal, das in seiner Anti-Duke-Hysterie praktisch ausflippte und Duke sogar vorwarf, dass er von Eigeninteressen geleitet sei (!) – vermutlich im Gegensatz zu allen anderen Politikern, die von tiefer Hingabe an das öffentliche Wohl motiviert sind?! Es erforderte eine große Portion Dreistigkeit von Bandow dies zu tun, da er kein sakramentaler Christ ist (wobei man darauf hinweisen kann, dass die angegriffene Person nicht in die sakramentale Kirche aufgenommen wurde), sondern ein pietistischer Christ, der sich gegen jede Art von offiziellem Glaubensbekenntnis oder Liturgie wendet. Wie kann also ein pietistischer Christ die Aufrichtigkeit eines anderen in Frage stellen? Und in einer Welt, in der niemand die christliche Glaubwürdigkeit eines Chuck Colson oder eines Jeb Magruder in Frage stellt [beide Regierungsmitarbeiter unter Präs. Nixon; waren in den Watergate-Skandal verwickelt und wurden zu je 7 Monaten Gefängnis verurteilt]? Aber die Logik ging verloren: Denn das gesamte Establishment, die herrschende Elite, stand auf dem Spiel, und in einer solchen Schlacht schließen sich alle vermeintlich verfeindeten Flügel des Establishments zu einer Einheit zusammen und kämpfen mit allen Mitteln, die ihnen zur Verfügung stehen.

In einer solchen Schlacht schließen sich alle angeblich verfeindeten Flügel des Establishments zu einer Einheit zusammen und kämpfen mit allen Mitteln, die ihnen zur Verfügung stehen.


Aber dennoch: David Duke erhielt 55 Prozent der weißen Stimmen; er verlor in der Stichwahl, weil die Angstkampagne eine massive Mobilisierung der schwarzen Wähler hervorrief. Aber man beachte die Aufregung; die Politik in Louisiana erhob sich aus der üblichen Lethargie, an die wir seit Jahrzehnten gewöhnt waren, und brachte eine Wahlbeteiligung von 80 Prozent hervor, wie es sie seit dem 19. Jahrhundert nicht mehr gegeben hat, als die Parteipolitik noch von heftigen Parteikämpfen und Ideologien geprägt war.

Ein Punkt, der nirgendwo erwähnt wurde: Der Populismus hat in Louisiana gewonnen, weil
in der ersten Vorwahl die beiden Gewinner Duke, ein Rechtspopulist, und Edwin Edwards, ein Linkspopulist, waren. Außerhalb des Rampenlichts standen die beiden Kandidaten des Establishments: der amtierende Gouverneur Buddy Roemer, ein Befürworter hoher Steuern und hoher Ausgaben „Reform”-Demokrat, der von der Bush-Regierung unterstützt wurde, um den gefürchteten Duke zu stoppen; und der vergessene Mann, Clyde Holloway, der offizielle Kandidat der Republikaner, ein guter Konservativer des Establishments, der nur fünf Prozent der Stimmen erhielt. (Die bemitleidenswerte Digital-Zeitung „Human Events“ beklagte sich während des Wahlkampfs immer wieder: Warum ignorieren die Medien Clyde Holloway? Die einfache Antwort lautet, weil er nie irgendwo aufgetreten ist — eine lehrreiche Metapher für das, was letztendlich das Schicksal des konservativen Establishments sein wird.)

Der linkspopulistische, ehemalige Gouverneur Edwin Edwards ist ein langjähriger Cajun-Gauner – ethnisch gesehen ein Angehöriger der französischsprachigen Einwohner Louisianas – dessen Motto seit jeher das ausgelassene „Laissez les bons temps rouler“ („Lasst die guten Zeiten rollen!”) war. Er wurde angeblich schon immer von Geschäftsleuten und konservativen Eliten gehasst. Aber dies war eine Krisenzeit, und in Krisenzeiten kommt die Wahrheit ans Licht: Es gibt keinen grundlegenden Unterschied zwischen dem linken Populismus und dem System, das wir derzeit haben. Der linke Populismus, der die Massen dazu aufhetzt „die Reichen” anzugreifen, läuft auf dasselbe hinaus: hohe Steuern, unkontrollierte Ausgaben, massive Umverteilung der Einkommen der Arbeiter- und Mittelschicht an die herrschende Koalition aus allgegenwärtiger Regierung, Großunternehmen und der neuen Klasse von Bürokraten, Technokraten und Ideologen und ihren zahlreichen abhängigen Gruppen. Und so verschwand in der Krise der linke Populismus – ein Schein-Populismus – und alle Betrügereien wurden der mächtigen Edwards-Koalition vergeben. Es ist aufschlussreich, dass das Establishment vorgibt, an Edwards’ tränenreiche Versprechen persönlicher Besserung zu glauben („Ich bin jetzt 65; die guten Zeiten sind vorbei“), während es sich weigert, an die Aufrichtigkeit von David Dukes Bekehrung zu glauben.

Sie sagten in den 60er Jahren, als sie die gewalttätige Linke sanft zurechtwiesen: „Hört auf mit der Gewalt, arbeitet innerhalb des Systems.” Und das hat sehr gut funktioniert, denn die ehemalige Neue Linke führt nun die angesehenen intellektuellen Klassen an. Warum war das Establishment also nicht bereit, zu vergeben und vergessen, als ein Rechtsradikaler wie David Duke aufhörte, Gewalt zu befürworten, die Robe des Ku-Klux-Klans ablegte und begann, innerhalb des Systems zu arbeiten? Wenn es in Ordnung war, ein Kommunist oder gewalttätiger militanter Linker gewesen zu sein, oder was auch immer in einer wilden Jugend, warum ist es dann nicht in Ordnung, ein Klanmitglied gewesen zu sein? Oder genauer gesagt: Wenn es in Ordnung war, dass der verehrte Richter am Obersten Gerichtshof Hugo Black oder der Löwe des Senats, Robert Byrd, Klanmitglieder gewesen sind, warum gilt das dann nicht auch für David Duke? Die Antwort liegt auf der Hand: Black und Byrd wurden Mitglieder der liberalen Elite, des Establishments, während Duke weiterhin ein Rechtspopulist und damit ein Gegner des Establishments blieb, diesmal sogar noch gefährlicher, weil er „innerhalb des Systems” agierte.

Es gab nichts in Dukes aktuellem Programm oder Wahlkampf, was nicht auch von Paläokonservativen oder Paläolibertären unterstützt werden könnte: Steuersenkungen, Abbau der Bürokratie, Kürzung des Sozialsystems, Abschaffung positiver Diskriminierung und rassischer Quotenregelungen, Forderung nach gleichen Rechten für alle Amerikaner, einschließlich der Weißen: Was ist daran falsch? Und natürlich entschied sich die mächtige Anti-Duke-Koalition nicht dafür Duke in irgendeinem dieser Punkte zu widersprechen. Tatsächlich gab selbst der linkeste seiner Gegner widerwillig zu, dass Duke Recht hatte. Stattdessen konzentrierte sich das Establishment auf genau die „negative Wahlkampfführung”, die es angeblich verabscheut (vor allem, wenn sie gegen sie selbst gerichtet ist). (Ironische Anmerkung: TV-Kommentatoren, die sich regelmäßig zweimal im Jahr einem Facelifting unterziehen, griffen Duke bitterlich wegen seines angeblichen Faceliftings an. Und niemand lachte!)

Was ist rechter Populismus?


Die grundlegende Erkenntnis des rechten Populismus ist, dass wir in einem etatistischen Land und einer etatistischen Welt leben, die von einer herrschenden Elite dominiert wird, bestehend aus einer Koalition aus tiefem Staat mit ebenso tiefer Regierung, Großunternehmen und verschiedenen einflussreichen Interessengruppen. Genauer gesagt wurde das alte Amerika der individuellen Freiheit, des Privateigentums und des Minimal-Staates durch eine Koalition aus Politikern und Bürokraten ersetzt, die mit mächtigen Unternehmens- und Old-Money-Finanzeliten (z. B. den Rockefellers oder den Trilateralisten, die eine engere Bindung der USA, Japans und Westeuropas anstrebten); und die neue Klasse der Technokraten und Intellektuellen, einschließlich der elitären Ivy-League-Ostküsten-Akademiker – den Absolventen der acht prestigeträchtigsten Universitäten der USA – und Medieneliten, die die meinungsbildende Klasse in der Gesellschaft darstellen. Kurz gesagt, wir werden von einer modernisierten Koalition des 20. Jahrhunderts aus Thron und Altar regiert, mit dem Unterschied, dass dieser Thron aus verschiedenen Großkonzernen und der Altar aus säkularen, staatsorientierten Intellektuellen besteht, obwohl unter den Säkularisten auch eine vernünftige Mischung aus protestantischen Sozialreformern der Social-Gospel-Bewegung der Mainstream-Christen zu finden ist.

Die herrschende Klasse im Staat hat immer Intellektuelle gebraucht, um ihre Herrschaft zu rechtfertigen und die Massen zur Unterwerfung zu bewegen, d. h., dazu Steuern zu zahlen und sich der staatlichen Herrschaft zu fügen. Früher stellte in den meisten Gesellschaften eine Form von Priestertum oder Staatskirche die Meinungsmacher, die diese Herrschaft rechtfertigten. Heute, in einem säkularen Zeitalter, haben wir Technokraten, „Sozialwissenschaftler” und Medien-Intellektuelle, die das staatliche System rechtfertigen und die Ränge seiner Bürokratie besetzen.

Libertäre haben das Problem oft klar erkannt, aber als Strategen für sozialen Wandel haben sie den Zug verpasst. In dem, was wir als „Hayek-Modell” bezeichnen könnten,
haben sie dazu aufgerufen, richtige Ideen zu verbreiten und dadurch die intellektuellen Eliten für die Freiheit zu gewinnen, angefangen bei den Spitzenphilosophen, um dann über Jahrzehnte hinweg langsam auch Journalisten und andere Meinungsbildner in den Medien zu überzeugen. Und natürlich sind Ideen der Schlüssel, und die Verbreitung der richtigen Lehre ist ein notwendiger Bestandteil jeder libertären Strategie. Man könnte sagen, dass dieser Prozess zu lange dauert, aber eine langfristige Strategie ist wichtig und steht im Gegensatz zur tragischen Sinnlosigkeit des offiziellen Konservatismus, der sich nur für das kleinere Übel bei den aktuellen Wahlen interessiert und daher auf mittlere Sicht verliert, ganz zu schweigen von der langfristigen Perspektive. Der eigentliche Fehler liegt jedoch weniger in der Betonung des langfristigen Ansatzes, sondern vielmehr darin,
die grundlegende Tatsache zu ignorieren, dass das Problem nicht nur ein intellektueller Fehlschluss ist. Das Problem besteht eher darin, dass die intellektuellen Eliten vom derzeitigen System profitieren; in entscheidender Hinsicht sind sie Teil der herrschenden Klasse. Der Prozess der Hayekschen Bekehrung geht davon aus, dass jeder, oder zumindest alle Intellektuellen, ausschließlich an der Wahrheit interessiert sind und dass wirtschaftliche Eigeninteressen niemals im Weg stehen. Jeder, der mit Intellektuellen oder Akademikern vertraut ist, sollte sich schnellstens von dieser Vorstellung verabschieden. Jede libertäre Strategie muss anerkennen, dass Intellektuelle und Meinungsmacher Teil des grundlegenden Problems sind, nicht nur wegen ihrer Fehlschlüsse, sondern weil ihr Eigeninteresse mit dem herrschenden System verknüpft ist.

Warum ist eigentlich der Kommunismus implodiert? Weil das System letztendlich so schlecht funktionierte, dass sogar die Nomenklatura die Nase voll hatte und das Handtuch warf. Die Marxisten haben zu Recht darauf hingewiesen, dass ein soziales System zusammenbricht, wenn die herrschende Klasse demoralisiert wird und ihren Willen zur Macht verliert; das offensichtliche Scheitern des kommunistischen Systems hatte diese Demoralisierung zur Folge. Aber nichts zu tun oder sich nur darauf zu verlassen, die Eliten in den richtigen Ideen zu erziehen, würde bedeuten, dass unser eigenes, staatliches System nicht reformierbar ist, bis unsere gesamte Gesellschaft, wie die der Sowjetunion,
in Schutt und Asche liegt. Das dürfen wir sicherlich nicht tatenlos hinnehmen. Eine Strategie für die Freiheit muss viel aktiver und aggressiver sein.

Daher ist es für Libertäre oder Konservative, die sich für einen minimalen Staat einsetzen,
wichtig, zwei Dinge zu tun: nicht nur richtige Ideen zu verbreiten, sondern auch die korrupten herrschenden Eliten zu entlarven und aufzudecken, wie sie vom bestehenden System profitieren, genauer gesagt, wie sie uns ausnehmen. Den Eliten die Maske herunterzureißen, ist „negative Wahlkampfführung” in ihrer besten und grundlegendsten Form.

Diese zweigleisige Strategie besteht darin, (a) einen Kader unserer eigenen libertären Meinungsführer für einen minimalen Staat auf der Grundlage korrekter Ideen zu rekrutieren; und (b) die Massen direkt anzusprechen, um die dominanten Medien und intellektuellen Eliten zu umgehen und die Massen gegen die Eliten aufzubringen, die sie ausbeuten, verwirren und unterdrücken, sowohl sozial als auch wirtschaftlich. Aber diese Strategie muss das Abstrakte und das Konkrete miteinander verbinden; sie darf nicht einfach nur die Eliten abstrakt angreifen, sondern muss sich speziell auf das bestehende staatliche System konzentrieren, auf diejenigen, die derzeit die herrschenden Klassen bilden. Libertäre haben sich lange Zeit die Frage gestellt, welche Gruppen sie ansprechen sollen. Die einfache Antwort „alle“ reicht nicht aus, denn um politisch relevant zu sein, müssen wir uns strategisch auf diejenigen Gruppen konzentrieren, die sowohl am stärksten unterdrückt werden, als auch den größten sozialen Einfluss haben.

Die Realität des derzeitigen Systems ist, dass es eine unheilige Allianz aus „korporativ-liberalen“ Großunternehmen und Medieneliten bildet, die durch den tiefen Staat mit seiner ebenso tiefen Regierung eine parasitische Unterschicht privilegiert und zum Aufstieg gebracht hat, die unter anderem die Mittel- und Arbeiterklasse in Amerika ausplündert und unterdrückt. Daher ist die richtige Strategie der Libertären und Paläos die Strategie des „Rechtspopulismus“, d. h.: diese unheilige Allianz aufzudecken und anzuprangern und dazu aufzurufen, diese Allianz aus Preppie-Unterschicht und liberalen Medien loszuwerden, zum Vorteil der Mittel- und Arbeiterklasse.


Ein rechtspopulistisches Programm

Ein rechtspopulistisches Programm muss sich daher darauf konzentrieren, die entscheidenden Bereiche der staatlichen und elitären Herrschaft abzubauen und den Durchschnittsamerikaner von den offenkundigsten und unterdrückerischsten Maßnahmen dieser Herrschaft zu befreien. Im Einzelnen heißt das:

  1. Steuersenkungen – Alle Steuern, d.h. Umsatzsteuern, Unternehmenssteuern, Grundsteuern usw., aber insbesondere die politisch und persönlich Erdrückendste: die Einkommenssteuer. Wir müssen auf die Abschaffung der Einkommenssteuer und die Abschaffung ihrer Einzugsbehörde hinarbeiten.
  2. Sozialhilfe kürzen. Die Herrschaft der Unterschicht muss beseitigt werden, indem das Sozialhilfesystem abgeschafft oder, wenn eine Abschaffung nicht möglich sein sollte, zumindest drastisch gekürzt und eingeschränkt wird.
  3. Abschaffung von Privilegien für bestimmte Rassen oder Gruppen. Abschaffung von positiver Diskriminierung, von Rassenzuteilungen usw. unter Hinweis darauf, dass die Wurzel solcher Quoten die gesamte „Bürgerrechts”-Struktur ist, die die Eigentumsrechte jedes Amerikaners mit Füßen tritt.
  4. Die Straßen zurückerobern: Kriminelle bekämpfen. Und damit meine ich natürlich nicht „Wirtschaftskriminelle” oder „Insiderhändler”, sondern gewalttätige Straßenkriminelle wie Straßenräuber, Vergewaltiger oder Mörder. Die Polizei muss mehr Befugnisse bekommen und sofortige Strafen verhängen dürfen, natürlich vorbehaltlich der Haftung, wenn sie einen Fehler begeht.
  5. Die Straßen zurückerobern: Die Penner loswerden. Noch einmal: Die Polizei braucht mehr Befugnisse, um die Straßen von Pennern und Landstreichern zu säubern. Wohin sollen sie gehen? Wen interessiert das? Sie sollen verschwinden, das heißt, sie wechseln aus den Reihen der verwöhnten und verhätschelten Pennerklasse in die Reihen der produktiven Mitglieder der Gesellschaft.
  6. Die Zentralbank Federal Reserve abschaffen; die Bankster angreifen. Geld und Bankwesen sind komplexe Themen. Aber die Realität lässt sich anschaulich darstellen: Die Fed ist ein organisiertes Kartell von Bankstern, die Inflation verursachen, die Allgemeinheit ausnehmen und die Ersparnisse des durchschnittlichen Amerikaners vernichten. Die Hunderte von Milliarden an Steuergeldern, die an die Sparkassen-Bankster ausgezahlt werden, sind Peanuts im Vergleich zum bevorstehenden Zusammenbruch der Geschäftsbanken.
  7. Amerika zuerst. Ein wichtiger Punkt, der eigentlich nicht erst an siebter Stelle der Prioritätenliste stehen sollte. Die amerikanische Wirtschaft befindet sich nicht nur in einer Rezession, sie stagniert. Der durchschnittlichen Familie geht es heute schlechter als vor zwei Jahrzehnten. Komm nach Hause, Amerika! Hör auf, Faulenzer im Ausland zu unterstützen! Beende alle Auslandshilfe, die Hilfe für Bankster, ihre Anleihen und ihre Exportindustrien ist! Beende den globalen Unsinn und lass uns unsere Probleme zu Hause lösen!
  8. Verteidigung der Familienwerte. Das bedeutet, den Staat aus der Familie herauszuhalten und die staatliche Kontrolle durch elterliche Kontrolle zu ersetzen, was das Ende der öffentlichen Schulen und deren Ersatz durch Privatschulen bedeutet. Wir müssen uns jedoch bewusst sein, dass Gutschein- und Steuergutschriftprogramme, im Gegensatz zu den Theorien Milton Friedmans, keine geeigneten Schritte auf dem Weg zur Privatisierung des Bildungswesens sind. Sie werden die Lage eher verschlimmern, indem sie die staatliche Kontrolle über die privaten Schulen noch weiter verstärken. Innerhalb des öffentlichen Schulsystems ist die einzige sinnvolle Alternative die Dezentralisierung und die Rückkehr zur lokalen, gemeinschaftlichen Nachbarschaftskontrolle über die Schulen.

Überdies: Wir müssen ein für alle Mal die modal-libertäre Sichtweise ablehnen, dass alle staatlich betriebenen Einrichtungen unweigerlich zu Sündenpfuhlen werden. Wir müssen versuchen – ohne eine vollständige Privatisierung anzustreben – staatliche Einrichtungen wie Unternehmen zu betreiben oder sie der Kontrolle durch die Gemeinde unterstellen. Das bedeutet jedoch, dass öffentliche Schulen Gebete zulassen müssen und wir die absurde atheistische Auslegung des Ersten Verfassungszusatzes aufgeben müssen, wonach das Verbot der „Einführung einer Staatsreligion” bedeutet, dass Gebete in öffentlichen Schulen oder Kinder-Krippen, auf einem Schulhof oder einem öffentlichen Platz zu Weihnachten nicht erlaubt sind. Wir müssen zur Vernunft und zur ursprünglichen Absicht der Verfassungsauslegung zurückkehren.

Bislang galt, dass jedes dieser rechtspopulistischen Programme in völligem Einklang mit einer radikal libertären Position steht. Aber alle reale Politik ist Koalitionspolitik, und es gibt andere Bereiche, in denen Libertäre durchaus Kompromisse mit ihren paläo- oder traditionalistischen oder anderen Partnern in einer populistischen Koalition eingehen könnten. Nehmen wir zum Beispiel Familienwerte und so heikle Themen wie Pornografie, Prostitution oder Abtreibung. Hier sollten Befürworter der Legalisierung und Pro-Choice-Libertäre bereit sein,einen Kompromiss hinsichtlich einer dezentralistischen Haltung einzugehen, d. h. die Tyrannei der Bundesgerichte zu beenden und diese Probleme den Bundesstaaten oder besser noch den Kommunen und Nachbarschaften zu überlassen, also den „Gemeinschaftsstandards”, d.h. der Gemeinde.

Alternative libertäre Strategien

A. Korridore der Macht

Es gibt zwei alternative Strategien zu den oben genannten für die libertäre Bewegung. Die eine ist die Koch-Crane-Strategie, die Strategie des Cato Institutes, der bis 2004 bestehenden Denkfabrik Citizens for a Sound Economy und anderer. Sie ist das Gegenteil einer rechtspopulistischen Strategie: Es ist die Strategie, sich bei den Korridoren der Macht anzubiedern, Lobbyarbeit zu betreiben und Einfluss auf die obersten Eliten zu nehmen, um sie sanft auf einen mehr libertären Weg zu lenken. Es ist klar, dass diese Strategie, die seit Anfang der 1980er Jahre von [Charles und David] Koch [US-am. Industrielle und Libertäre aus Kansas] und anderen verfolgt wird, genau die Entsprechung der Strategie ist, die vom offiziellen Washingtoner Konservatismus in derselben Ära verfolgt wurde und ebenfalls zu Beginn der Reagan-Regierung startete. Wie im Fall des offiziellen Konservatismus war die Strategie erfolgreich in Bezug auf die Erlangung von Ansehen, offiziellen Kontakten, Arbeitsplätzen in Washington und allgemein wichtigen und angenehmen Verbindungen und vielleicht sogar Verträgen mit der Macht. Aber sie war spektakulär erfolglos, wenn es darum ging, bedeutende Fortschritte für libertäre Prinzipien zu erzielen. Im Gegenteil: Alles, was diese Strategie des „Korridors der Macht“ erreicht hat, ist, sowohl die konservative als auch die libertäre Bewegung zu entmachten und sie zu Handlangern der Macht zu machen. Der marginale Einfluss der Libertären bestand darin, einige technische Möglichkeiten zu finden, um die Funktionsweise des Staates ein wenig effizienter oder etwas weniger ineffizient zu gestalten. Und das schadet der Sache der Freiheit eher, als dass es ihr nützt.

Die eher bedachten Befürworter dieses Weges haben ihn als Fabian-Strategie bezeichnet. Sie argumentieren, dass die sozialistische Fabian Society im Großbritannien des ausgehenden 19. Jahrhundert mit ihrem schrittweisen und respektvollen Ansatz brillant erfolgreich war. Anstatt militant zu sein und den Staat anzugreifen, wie es die radikalen Marxisten tun würden, haben sich die Fabianer in die Macht eingeschlichen und sie schrittweise und unaufhaltsam in Richtung Kollektivismus gelenkt. Ist dies nicht ein ähnlich sicherer Weg für Konservative oder Libertäre? Nun, dieser Weg mag für die rechtsgerichteten Fabianer bequemer und sicherlich auch lukrativer gewesen sein. Aber die Fabian-Strategie übersieht einen entscheidenden Punkt. Abgesehen davon, dass die radikalen Marxisten zu Recht den Fabianismus als Verrat an den marxistischen Prinzipien betrachteten, drängten die Fabianer den Staat nur sanft in eine Richtung, in die er gerne und bereitwillig von selbst gehen wollte, nämlich immer mehr Macht für den Staat und seine Eliten zu generieren. Aber fabianische Libertäre oder Konservative, die sich für eine begrenzte Staatsgewalt einsetzen, würden Prinzipien vertreten, die den herrschenden Eliten sehr zuwider sind. Daher ist die Erfolgsgeschichte des Fabianismus im britischen Sozialismus für die Gegenwart irrelevant. Im Gegenteil, wahrscheinlich würde genau das passieren, was dann dort auch passiert ist: Die angehenden Fabianer, Gradualisten, respektvollen Konservativen und Libertäre wurden vereinnahmt und in die falsche Richtung fabianisiert.

Die viel gepriesene Koch-Crane-Strategie, die sich an „fiskalisch konservative und sozial-liberale” Yuppies richtet, ist Teil derselben fehlgeleiteten und katastrophalen Strategie. Yuppies aus der oberen Mittelschicht die in Vororten leben, sind vielleicht sehr unterhaltsam auf Cocktailpartys, aber sie sind genau die falsche Klasse, die eine libertäre Strategie ansprechen sollte. Denn von allen Gruppen und Klassen in der Gesellschaft
geht es ihnen am Besten und sie sind am wenigsten unzufrieden und am wenigsten geneigt, eine tiefe Abneigung gegen den Staat zu hegen. Und selbst wenn sie nach ein paar Martinis zu den „Catoiten“ sagen sollten: „Ja, wir stimmen Euch in den meisten Punkten wirklich zu“, sind sie kaum bereit, etwas zu unternehmen, sich aufzulehnen oder sich gegen das bestehende System des Staatskapitalismus zu stellen. Diese Yuppies der oberen Mittelschicht sind die schwächste Stütze für jede libertäre oder auf eine begrenzte Staatsgewalt ausgerichtete Strategie.

Natürlich wählen die Koch-Crane-Anhänger oft diesen Weg, weil sie selbst zu kulturellem und sozialem Linksextremismus neigen.

Natürlich wählen die Koch-Crane-Anhänger diesen Weg oft nicht nur aus strategischen Gründen, sondern weil sie selbst zu kulturellem und sozialem Linksextremismus neigen; ebenso zu Egalitarismus und zu einem libertinen Lebensstil. Daher sind sie kaum die Art von Menschen, die den Kampf gegen den kulturellen und sozialen Verfall anführen, der die amerikanische Öffentlichkeit fast ebenso sehr aufwühlt wie konkrete politische Themen, während ihr linker Egalitarismus sie dazu bewegt, die „Anti-Diskriminierungsgesetze” zu unterstützen, die die Rechte des Privateigentums mit Füßen treten.

B. Die Libertäre Partei

Der andere, alternative, strategische Weg für Libertäre besteht darin, sich vom Mainstream abzugrenzen und eine selbstbewusste Bewegung zu gründen und zu entwickeln, die als eine Kombination aus philosophischer Debattiergesellschaft und sozialem Club fungiert. Genau das haben die Libertären in den 1970er Jahren getan, nur nicht in Form einer politischen Partei.

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Unterschiedliche soziale Bedingungen erfordern unterschiedliche Strategien, und ein wichtiger Punkt, den wir anerkennen sollten, ist, dass die Libertarian Party durch die Gründung einer eigenen Partei in den 1970er Jahren eine wichtige, notwendige und lobenswerte Funktion erfüllt hat. Von den 1930er Jahren bis zur ersten Hälfte der 1950er Jahre fungierten die Libertären als wichtige ideologische Impulsgruppe innerhalb der breiten Koalition, die wir heute als die „alte” oder ursprüngliche Rechte kennen; eine Koalition, die als Reaktion auf die Schrecken der Wirtschafts- und Sozialreformen des New Deal von Roosevelt sowohl im Inland als auch im Ausland entstanden war. Libertäre sahen sich selbst als „extremen” und konsequenten Flügel der Rechten und fungierten innerhalb der breiteren Koalition glücklich und harmonisch als Freunde und ideologische und politische Verbündete. Leider begann diese Koalition der Alten Rechten, die sich der Freiheit, dem Privateigentum, freien Märkten und einer anti-interventionistischen „America First”-Außenpolitik verschrieben hatte, Ende der 1950er Jahre zu zerfallen, als altersbedingte Rückzüge aus der Politik (z.B. Robert „Bob“ Taft, republikanischer Gouverneur von Ohio oder Robert R. „Colonel“ McCormick, Republikaner und Zeitungsmagnat aus Chicago) in den Führungsrängen ein Vakuum an der Spitze hinterließen, das von der aufstrebenden „Neuen” Rechten unter der Führung des Schriftstellers und politischen Kommentators William F. Buckley, Jr. und seiner konservativen Zeitschrift National Review gefüllt wurde. Diese Neue Rechte, die in ihren Anfängen die Gestaltung der Alten Rechten nur durch Lippenbekenntnisse begleitete, verwandelte diese innerhalb weniger Jahre in eine global kämpfende, kriegstreiberische und im Grunde genommen staatsfreundliche Bewegung. Leider wurden viele Libertäre zu dieser Zeit in diese staatsorientierte Revolution innerhalb des alten Systems hineingezogen und wurden zu ihrem Anhängsel. Zu diesem Zeitpunkt, am Ende der 1950er Jahre, hielten es diejenigen von uns, die sich diesem Trend widersetzten, für unerlässlich, uns von einer Rechten zu distanzieren, die uns unter den Füßen weggezogen worden war. Es wurde unerlässlich, die beiden in unseren Köpfen und in den Köpfen der Öffentlichkeit klar voneinander zu trennen und auch damit aufzuhören, einer Bewegung, die sich praktisch in ihr Gegenteil verwandelt hatte, libertäre Deckung zu geben oder den Anschein einer „abgespeckten“ Regierung zu gewähren.

Schließlich führte Ende der 1960er Jahre eine Spaltung der Jugendbildungsorganisation Young Americans for Freedom über die Wehrpflicht dazu, dass der wachsende libertäre Flügel der YAF ausgeschlossen wurde oder freiwillig austrat. Dieser Flügel, nun bereit für unabhängige libertäre politische Aktionen, gründete 1971 die Libertarian Party, die sich schnell als unabhängige, politische Heimat für Libertäre etablierte. Zunächst wurde die LP von einer neo-randianischen [aus eher zweitklassigen und wenig präsenten Helden bestehenden], kriegsbefürwortenden Gruppe dominiert, die sich vom National Review vor allem durch ihre Befürwortung bürgerlicher Freiheiten unterschied. Auf dem LP-Parteitag von 1975 jedoch übernahmen diejenigen von uns, die sich dem „Isolationismus” verschrieben hatten, die Partei, und von da an war die LP in der Lage, (1) den Libertarismus als ein selbstbewusstes Credo zu entwickeln, das sich vom Buckley-Konservatismus und erst recht von der zunehmend etatistischen, pro-bürgerrechtlichen und neokonservativen dominierten Rechten der späten 1970er Jahre und danach unterschied, (2) konnte die LP ihre eigenen Mitglieder schulen und einen prinzipientreuen „Kader” aufbauen, und (3) als die LP an Popularität gewann, gelang es ihr mit ihren politischen Kampagnen bis zur finanzstarken Kampagne von 1980, die Medien und politisch interessierte Amerikaner darüber aufzuklären, was „Libertarismus” eigentlich ist. So konnten Anfang der 1980er Jahre die meisten politisch gebildeten Amerikaner erklären, was Libertarismus bedeutet, und auch wenn sie nicht unbedingt damit einverstanden waren, behandelten sie den Libertarismus als ein Credo, das Respekt und Aufmerksamkeit verdient.

All dies wurde von der Libertarian Party erreicht, und nichts kann ihr diese Erfolge nehmen. Aber nachdem sich das Geld der Kochs Anfang der 1980er Jahre einer sanfteren Strategie zuwandte und die LP verließ, verlor die Libertarian Party zunehmend an Bedeutung. Obwohl die meisten Amerikaner vom Libertarismus gehört hatten und sogar seine Doktrin respektierten, gewann die Partei keine Anhänger, geschweige denn Wahlen. Immer mehr „realistische” Menschen verließen die LP, die dadurch zunehmend unzuverlässig, zunehmend libertin, kulturell linksgerichtet und vor allem zunehmend irrelevant wurde. Die Präsidentschaftskampagne von Ron Paul von 1988 war ein letzter verzweifelter Versuch, die Partei in eine Organisation der „echten Welt” und der „echten Menschen” zu verwandeln, in eine Partei, in der sich Menschen aus der Mittelschicht und der Arbeiterklasse zu Hause fühlen konnten. Es war ein nobler Versuch, der scheiterte; die Mitgliedszahlen sprachen einfach dagegen, und als dieses Scheitern offensichtlich wurde,  verließ die „reale Welt” oder – wie man sie auch nennen könnte – die „Proto-Paläo”-Fraktion die Partei, und was von der LP übrig geblieben ist, befindet sich nun in einer Abwärtsspirale in die Bedeutungslosigkeit.

Es ist ein glücklicher Zufall, dass gerade als die LP 1989 auseinanderbrach, der Zusammenbruch des Kommunismus den Kalten Krieg überflüssig machte und uns Hoffnung gab, dass viele Konservative sich nun unserer anti-interventionistischen und
anti-globalistischen America-First-Außenpolitik anschließen würden. Glücklich nahmen wir zur Kenntnis, dass es tatsächlich einen Flügel von Konservativen gab, der unter den offiziellen Führungskräften in New York und Washington zwar leider nur sehr klein war, aber mit uns darin übereinstimmte, dass die Zeit für einen wiederauflebenden Isolationismus gekommen war. Und es stellte sich auch heraus, dass diese „Paläokonservativen” – eine Generation jünger als die „Traditionalisten” von vor zwanzig oder dreißig Jahren – scharfe und kompromisslose Kritiker des Sozialstaates waren, Verächter des offiziellen konservativen Wettlaufs um Regierungsämter und in ihrer Grundeinstellung bitterlich antistaatlich. Daher kam es zu der mittlerweile berühmten Annäherung an die Paläokonservativen, die Gründung einer neuen „paläolibertären” Bewegung als Mittel, um uns von den Spinnern und kulturellen Linken abzugrenzen, die die LP und die „modalen Libertären” ausmachten, und die glückliche Verschmelzung mit den Paläokonservativen zu einer neuen „Paläo”-Bewegung. Für mich selbst bin ich nach fünfunddreißig Jahren in der ideologischen Wildnis, zuerst verbündet mit der Neuen Linken und dann in einer sektiererischen LP, glücklich, wieder zu Hause zu sein in einer neuen, wiederbelebten Reinkarnation der Grand Old Right, der Großen Alten Rechten, meiner Jugend. Wer sagt, dass man nicht wieder nach Hause gelangen kann?

Ich bin glücklich, wieder zu Hause zu sein, in einer neuen, wiederbelebten Reinkarnation der Grand Old Right meiner Jugend.

In meiner Zeit bei der Libertarian Party war eine meiner glücklichsten Begegnungen die mit dem Vorsitzenden des Arizona Verbandes, dem langjährigen politischen Berater Emil Franzi, einem der klügsten politischen Köpfe in der LP. (Als „Proto-Paläo”, wenn es jemals einen gab; Franzi ist ebenfalls schon lange nicht mehr in der LP.) Franzi unterteilte die LP-Mitglieder in drei soziologische Kategorien. Er sagte zu mir: „Murray, es gibt drei Arten von Menschen in der Libertarian Party: die Hippies, die Preppies und die Rednecks.” Als selbsternannter Anführer der konservativen und reaktionären Redneck-Fraktion, ließ Franzi keinen Zweifel daran, wo er selbst stand. Die „Hippies” waren natürlich die Leute, die wir als Modals bezeichneten; die „Preppies” (oder Möchtegern-Preppies) waren die Koch-Crane-Leute. Die „Rednecks“ waren das wahre Volk. In gewisser Weise ist die Strategie, die wir jetzt proklamieren, eine Strategie der Ansprache der Rednecks. Und in der Libertären Partei gibt es praktisch keine Rednecks. Selbst im besten Fall waren es nie sehr viele: Der Redneck Flügel (Caucus) bestand nie aus mehr als einer tapferen Handvoll.

Die Lektion von Joe McCarthy

In Kürze: Wer war der am meisten gehasste, am meisten verleumdete, am meisten verachtete Mann im politischen Leben Amerikas vor David Duke? Genau: Es war „Tailgunner Joe” Joseph McCarthy. [Seinen Spitznamen hatte er, weil er im 2. Weltkrieg Bordschütze am Heck eines Kampfflugzeuges gewesen war]. Warum war er verhasst? McCarthy war kein Ku-Klux-Klan-Mitglied, er war kein Nazi, er war kein Libertärer, er war nicht einmal ein Konservativer. Eine Sache, die inmitten der Anti-McCarthy-Hysterie der 1950er Jahre schnell in Vergessenheit geriet, war, dass Joe McCarthy ein gemäßigter oder liberaler Republikaner war. Darüber hinaus vertrat McCarthy zunächst nicht die fanatische antikommunistische Weltanschauung. Tatsächlich war dies eine Weltsicht, die er erst aus unserer politischen Kultur übernommen hatte, eine Ansicht, die von Konservativen, Zentristen und Liberalen des Kalten Krieges geschaffen und geteilt wurde. Tatsächlich lautete eine der häufigsten und aufschlussreichsten Aussagen über McCarthy: „Wir stimmen seinen Zielen {Antikommunismus} zu, aber wir wehren uns gegen seine Methoden.“ Als McCarthy in den historisch-berühmten Anhörungen die Armee und das gesamte Regierungszentrum konfrontierte, bestritt tatsächlich niemand seine Darstellung, dass der sowjetische Kommunismus die Vereinigten Staaten bedrängte und uns in unmittelbare Gefahr brachte. Es war tatsächlich wahr: Mit Ausnahme einer Minderheit von Kommunisten und Mitläufern stimmten alle McCarthys grundlegender Weltanschauung zu. Das Problem war, dass McCarthy in seinem Kreuzzug ein rechtsgerichteter Populist war. Er gab sich nicht damit zufrieden, kommunistische Eindringlinge im Abstrakten anzugreifen; er nahm die angebliche Gefahr ernst und bestand darauf, Namen zu nennen, indem er diejenigen benannte und bloßstellte, die er als Feinde betrachtete.

Das Faszinierende, das Aufregende an Joe McCarthy war seine „Methode” – sein rechter Populismus: seine Bereitschaft und Fähigkeit, auf die Menschen zuzugehen und dabei die Machtelite zu umgehen – Liberale, Zentristen, die Medien, die Intellektuellen, das Pentagon, die Rockefeller-Republikaner – und direkt auf die Massen zuzugehen und sie aufzustacheln. Und genau das hasste die Elite am Meisten. Deshalb musste sie ihn zerstören, deshalb musste sie von allen Antikommunisten im Land seinen Namen zu einem Begriff für politisches Übel machen („McCarthyismus“). Die Politik der Mitte, die Politik der Eliten, ist bewusst langweilig und träge. Die Menschen werden eingelullt wenn ein Bush gegen einen Dukakis antritt oder – wie es eine Zeit lang aussah – wenn Bush mit einem Clinton oder einem [Bob] Kerrey [demokr. Gouverneur von Nebraska] umgeht, ohne die Person direkt zu konfrontieren. Aber die rechtspopulistische Politik ist mitreißend, aufregend, ideologisch, und genau deshalb mögen die Eliten sie nicht: Man soll schlafende Hunde nicht wecken. Mit Joe McCarthy herrschte ein Gefühl der Dynamik, der Furchtlosigkeit und der Offenheit, als würde man sich fragen, wen er als Nächstes vorladen würde. Die heilige Eleanor Roosevelt?

Da sich Großunternehmen, das Militär, liberale Intellektuelle, Rockefeller-Republikaner und die Medien gegen ihn stellten, wurde McCarthy schließlich zu Fall gebracht. Er hatte keine Bewegung hinter sich, er hatte keine politische Infrastruktur. Und Joe McCarthy war leider nicht für das neue Medium Fernsehen geeignet, das er so effektiv genutzt hatte, um die Massen direkt zu erreichen. Er war eine „heiße” Persönlichkeit für ein „kühles” Medium; seine Wangen und sein dichter Bart ruinierten sein Ansehen bei einem imagebewussten Publikum. Und vor allem brachen sie Joe das Herz, indem sie den US-Senat – eine Institution, die McCarthy, der kein Libertärer war, liebte und verehrte – dazu brachten, ihn zu rügen.

Was also ist zu tun?

Die Libertären sind nun gespalten in Paläos und Modals. Die Libertarian Party, mittlerweile irrelevant und unaufhaltsam von den Modals dominiert, ist Geschichte. Sie ist am Ende, vorbei, kaputt. Sie verschwindet im Mülleimer der Geschichte. Für die guten Menschen, die sich noch immer der LP verschrieben haben oder in ihr gefangen sind, ist es an der Zeit zu erkennen, dass die LP ihre historische Aufgabe erfüllt hat – den Libertarismus zu entwickeln und die öffentliche Anerkennung der Doktrin zu gewinnen – und dass ihre Zeit längst vorbei ist. Um Nathaniel Brandens [jüdisch-kanadischer Psychologe] Abschied von seiner langjährigen Lebenspartnerin Ayn Rand [am. Autorin russischer Abstammung] zu paraphrasieren, ist es an der Zeit, zur LP zu sagen: „Danke … und lebt wohl!”, wobei die Betonung auf dem letzten Begriff liegt. Für vernünftige Menschen und Paläo-Libertäre ist es an der Zeit, in die reale Welt zurückzukehren und dabei zu helfen, eine Koalition zu schmieden, die eine erfolgreiche rechtsgerichtete populistische Bewegung schaffen wird, die notwendigerweise zu einem großen Teil libertär sein wird.

Um über die Köpfe der Medien und politischen Eliten hinwegzugehen und die Arbeiter- und Mittelschicht direkt zu erreichen, um die Idee der Freiheit und das Wissen darüber wie sie unterdrückt worden sind [und immer noch werden], zu verbreiten, bedarf es einer inspirierenden und charismatischen politischen Führung. Es erfordert neben intellektuellen Kadern auch politische Führer, die sachkundig, mutig, dynamisch, mitreißend und effektiv darin sind, eine Bewegung aufzubauen und zu führen. Es erfordert eine Führung, die in der Lage ist, den richtigen Moment zum Handeln zu treffen, eine Führung mit dem Mut und der Standhaftigkeit, die Verleumdungen und Diffamierungen zu überwinden, die unweigerlich gegen sie gerichtet werden. Es erfordert ideologische und politische „Unternehmer” im besten Sinne, eine Führung, die bereit und in der Lage ist, eine paläokonservative Koalition zu schmieden, um die Kernwählerschaft und die Paläokonservativen von den offiziellen und neokonservativen Kräften abzuspalten, die neue Fahne zu hissen und eine reale Bewegung aufzubauen, in der – wie in den Tagen der alten Rechten – Libertäre eine wertvolle Rolle spielen können.

Einige meiner Freunde betonen die Bedeutung einer geduldigen, lokalen Basisstrategie. Basisaktivitäten sind gut und notwendig. Aber was diese Idee ignoriert, ist, dass Basisarbeit zugegebenermaßen von Natur aus mühsam und langweilig ist. Und dass sie daher niemals in Gang kommen wird, wenn sie nicht durch hochrangige, vorzugsweise präsidiale, politische Kampagnen angestoßen, belebt und mit Energie versorgt wird. Was wir brauchen um eine neue Paläo-Bewegung aufzubauen, insbesondere in dieser Phase, ist ein Präsidentschaftskandidat, jemand, den alle Flügel der Anti-Establishment-Rechten mit Begeisterung unterstützen können. Und obwohl die Partei des politischen Aktivisten Howard Phillips, die Taxpayers Party, letztendlich eine wichtige Rolle spielen könnte, können wir zum jetzigen Zeitpunkt nur sagen, dass die Gründung der Partei noch nicht vollständig vollzogen wurde und dass es derzeit keinen Präsidentschaftskandidaten gibt. Die Aufgabe besteht nun darin, jemanden zu finden, der eine Volksrevolution gegen den schwächelnden George Bush in New Hampshire und anderen Vorwahlen der Republikaner anführt und diesen Kampf bis zur Republikaner-Versammlung fortsetzt, in der Hoffnung, im besten Fall 1992 zu gewinnen und im schlimmsten Fall eine mächtige Bewegung für 1996 und darüber hinaus aufzubauen.